Eigentlich…

Eigentlich wäre ich seit gestern Mittag für ein paar Tage am Rande von Münster in Einzelexerzitien mit dem Thema „Zeit für mich“. Doch Montag kam die Corona bedingte Absage. Eigentlich hätten heute alle Mitarbeiter der Caritas im Carl Sonnenschein Haus Homeoffice, Zeitausgleich oder Urlaub nehmen müssen, weil das Wasserleitungssystem im Haus repariert werden sollte, die Firma hat jedoch zu viele Erkrankte. Deshalb sitze ich heute im Büro, kann in Ruhe meine Arbeit für dieses Jahr abschießen und Montag Nachmittag in den Weihnachtsurlaub gehen. Vorgestern und morgen standen und stehen ein paar Hausbesuche auf meinem Programm. Die schon stattgefundenen Begegnungen haben mich beschäftigt. Der 89 Jährige, der mich empfing, bat mich in das Wohnzimmer. Mit Maske im Gesicht erklärte ich ihm, unter den derzeitigen Umständen ihn nicht anstecken zu wollen. Doch er erklärte, regelmäßig auf Corona getestet zu werden, immer dann, wenn er seine Frau im Altenpflegeheim besuche. So wurde aus 5 Minuten an der Tür eine gute halbe Stunde in der Wohnung und ein Gespräch, dass ihm sichtlich gut tat. Eine einsame ältere Spenderin öffnete mir anschließend die Türe und berichtete mir von ihrer Einsamkeit. Seit Tagen habe sie mit niemandem gesprochen, sie gehe lediglich zwei Mal die Woche in den Supermarkt. Das seien zur Zeit ihre sozialen Kontakte. Ein weiterer Besuch brachte mich an die Haustüre einer russlanddeutschen Frau, deren Tochter in Kasachstan Ordenschwester ist. Ab und an schaue ich mal bei ihr vorbei. Sie öffnet mir mit einem Rosenkranz in der Hand. Weihnachten wird sie allein verbringen, mit ihrer Tochter in Kasachstan und mit ihrer anderen Tochter und deren Familie in Polen telefonieren. Der Sohn des Nachbarn kaufe für sie ein. Bei ihr gehe es alles nur noch langsam. Auf meinem weiteren Weg treffe ich am Hochhaus meines nächsten Besuchs ein. Ich habe Glück, die nächste Spenderin ist gerade vom Spaziergang zurück und trifft mich unten an der Eingangstür. Wir plaudern ein paar Minuten. Dann dankt sie mir und wir wünschen uns gesegnete Tage. Am frühen Abend geht es dann noch zu einem unserer Klosterbauern nach Westerkappeln. Er war der erste, der mit mir vor 20 Jahren nach Marx gefahren ist und mit Bischof Pickel und den Schwestern das Kloster dort mitgeplant hat. Letztes Jahr ist er schwer krank geworden, doch nun geht es ihm wieder etwas besser. Mit seiner Frau und ihm habe ich mich dann an der Tür ausgetauscht über die nicht gerade leichte Situation in Russland. Und dann meinte er, eteas zu 20 Jahre Klosterbauer schreiben zu wollen. Das könnte doch in die KUH Zeitschrift. Ja, die Gespräche, die Begegnungen schwingen noch in mir. Wir Alle müssen in den nächsten Tagen schauen, wie Weihnachten so geht. Immer wieder wird gesagt, dass in dieser Situation der Kern des Festes in den Vordergrund tritt. Da ist etwas wahres dran.